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„Wir stehen zur Verantwortung für Lebensmittel und Natur“

Thomas Weigl bleibt Vorsitzender der HeimatLandwirte – Appell zu gesellschaftlichem Dialog

Der Verein HeimatLandwirte, das Sprachrohr von rund 140 Landwirten aus Niederbayern, Oberbayern und der Oberpfalz, hat bei der Mitgliederversammlung am Montag im Gasthof Lackermeier in Edenland einen neuen Vorstand gewählt. Dabei wurden der Vorsitzende Thomas Weigl aus Pfeffenhausen und sein Stellverteter Florian Mehler aus Essenbach in ihrem Ämtern bestätigt, um den Bauern für weitere zwei Jahre eine Stimme in Politik und Gesellschaft zu geben. Außerdem wurde ein Teil der rund 20 Beiratssitze neu besetzt. Neben dem Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden gab es einen Fachvortrag der Kulturwissenschaftlerin Barbara Wittmann von der Universität Regensburg zum Wandel der Ernährung in der Gesellschaft. Das Fazit ihres Referats mit dem Titel „Vom Sonntagsbraten zum veganen Schnitzel – Entwicklungslinien der Esskultur“: Obwohl Verbraucher oft mehr Tierwohl und Umweltschutz fordern als sie im Laden tatsächlich bezahlen wollen, geht der Trend insgesamt zu mehr Bewusstsein rund um Artenschutz, Klimawandel und Co. Darum sollte die Landwirtschaft sich weiter öffnen und den gesellschaftlichen Dialog suchen – wie es die HeimatLandwirte für die Branche vormachen.

Die HeimatLandwirte haben sich zum Ziel gesetzt, die Bevölkerung offensiv und umfassend über die moderne Landwirtschaft zu informieren. Sie wollen den Menschen deutlich machen, wie engagiert sich ihr Berufsstand für die Produktion gesunder, hochwertiger Lebensmittel und den Schutz von Umwelt und Natur einsetzt – egal, ob konventioneller Betrieb oder Biohof. „Wir wünschen uns, dass die Verbraucher vor Ort durch unsere Initiative ein realistischeres und ehrliches Bild von der Landwirtschaft bekommen als es oftmals in den Medien und in der Politik vermittelt wird“, sagte Weigl.

Dafür veranstaltet der Verein jedes Jahr im Sommer einen großen Hof-Informationstag auf einem Mitgliedsbetrieb. Im Juli 2018 haben sich mehrere Tausend Besucher auf dem Hof der Familie Gartner in Unterglaim ein Bild von der bäuerlich geprägten Landwirtschaft im 21. Jahrhundert gemacht. Ebenso regelmäßig wie der Hof-Informationstag stattfindet, eröffnen die HeimatLandwirte im Frühjahr die Grillsaison mit einem Grilltag in der Landshuter Altstadt. Vergangenen Mai verköstigten die Mitglieder die Passanten mit ihren selbsterzeugten Fleischspezialitäten. Im Juni zeigten die Bauern und Bäuerinnen beim Landshuter Firmenlauf, wie fit moderne Landwirtschaft hält. Für den fachpolitischen Austausch sorgten Treffen wie mit dem Bund Naturschutz Rottenburg und einer Imkergruppe aus der Region, bei dem von den HeimatLandwirten angelegte Blühflächen, Ackerrandstreifen und insektenfreundliche Kulturen der durchwachsenen Silphie begutachtet wurden. Die durchwachsene Silphie ist eine sonnenblumenähnliche Energiepflanze, die für die Nutzung in Biogasanlagen angebaut wird und gleichzeitig eine wertvolle Nahrungsquelle für Bienen ist.

„Intakte Natur ist unsere Lebensgrundlage“

„Wir Landwirte wollen die Insekten und Bienen schützen, weil eine intakte Natur unsere Lebensgrundlage ist“, sagte Weigl mit Blick auf das Volksbegehren Artenvielfalt, das unter dem Motto „Rettet die Bienen“ gerade erst zum erfolgreichsten Volksbegehren in der Geschichte Bayerns wurde. Vom runden Tisch, den die Staatsregierung nun zur Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs für mehr Artenvielfalt einberufen hat, erhofft er sich pragmatische Ansätze: „Die Regelungen müssen in der Praxis sinnvoll umsetzbar sein und dürfen nicht nur zu unnötiger Bürokratie führen.“ Davon hätten die Bauern schon mehr als genug. Ein Beispiel seien neue Vorgaben im Rahmen der Düngeverordnung. „Da müssen die Landwirte noch mehr Formulare ausfüllen, anstatt dass die Maßnahmen effektiv mit Bodenproben kontrolliert werden.“

Die HeimatLandwirte werden die Entwicklung des runden Tischs zur Artenvielfalt in diesem Jahr aufmerksam begleiten. Zudem wollen sie auch heuer wieder bei einem Hof-Informationstag und einem Grilltag über ihre Arbeit aufklären. Außerdem möchte der Verein die Menschen über die regionalen Medien informieren. Weigl: „Wir Landwirte nehmen unsere Rolle als Nahrungsmittelproduzenten und Landschaftspfleger ernst und stehen zu unserer Verantwortung.“

Verbraucherwunsch contra Verhalten

Dass der gesellschaftliche Dialog oft nicht einfach ist, betonte Kulturwissenschaftlerin Wittmann. Gerade für die Landwirte sei der Spagat zwischen Verbraucherwünschen und wirtschaftlicher Produktion enorm schwer. Zumal die Aussagen von Verbrauchern in Umfragen oft nicht dem tatsächlichen Einkaufsverhalten entsprächen: „Häufig wünschen sich die Menschen zwar mehr Tierwohl, aber sie bezahlen nicht für teurere Produkte.“ In Studien werde zum Beispiel von einem Anteil von mehr als 20 Prozent an bewussten Essern gesprochen. Doch dieser Wert stimme nicht mit den tatsächlichen Umsatzzahlen überein. Denn der Bio-Anteil am Gesamtlebensmittelmarkt liege derzeit bei rund 5,4 Prozent. „Das heißt, die Leute geben an, was gesellschaftlich erwünscht ist, aber nicht ihrem wirklichen Essverhalten entspricht.“

Trotzdem steigt der Bio-Anteil am Lebensmittelmarkt laut Wittmann kontinuierlich. 2005 habe er noch bei weniger als zwei Prozent gelegen. Für die jüngeren Generationen werde dieses Thema langfristig aktuell bleiben – und darum auch nicht mehr aus den Medien und der öffentlichen Diskussion verschwinden. „Daher ist die Öffnung der Branche wie sie die HeimatLandwirte umsetzen, der richtige Schritt.“ Dazu gehöre aber auch, sich auf die Argumente der Gegenseite einzulassen: „Wer selbst nicht als Massentierhalter bezeichnet werden will, sollte auch Kritiker nicht als links-grüne Gutmenschen angreifen. Umgekehrt gilt das natürlich genauso. Versachlichung von allen Seiten ist und bleibt zwar ein schwieriger Prozess, wäre aber dringend notwendig.“

Der neue Vorstand der HeimatLandwirte

Vorstände und Beirat der HeimatLandwirte (von links nach rechts):
Bauer Franz, Büchl Karl, Kolb Karl, Vielhuber Georg, Kolb Katrin, Seisenberger Robert, Siegl Georg, Mehler Florian (2. Vorstand), Haumberger Alexander, Weigl Thomas (1. Vorstand), Wagner Markus, Bauer Johannes, Haindl Sebastian, Riedl Günther, Bauer Reinhard, Beck Thomas, Högl Florian, Wimmer Markus
Fehlend: Wilsch Franz, Wimmer Martin, Lorenzer Anton

 

Kulturwissenschaftlerin Barbara Wittmann (Bild) von der Universität Regensburg betonte, dass der Spagat zwischen Verbraucherwünschen und wirtschaftlicher Produktion für Landwirte enorm schwer ist. Zumal die Verbraucher oft mehr Tierwohl und Umweltschutz fordern als sie mit ihrem Einkaufsverhalten zu bezahlen bereit sind.